Persönliche Werte, Weltanschauung

Medizinische Behandlungsmethode und persönlicher Blickwinkel

Persönliche Werte und Einstellungen bestimmen wesentlich mit, welcher Behandlungsmethode im Erkrankungsfall der Vorzug gegeben wird.


Menschen, die nur an das glauben, was sichtbar und messbar ist, interessieren sich zumeist für Befunde und Therapie nach schulmedizinischen Mustern. Sie fühlen sich unglücklich, wenn ihre Beschwerden durch schulmedizinische Befunde nicht erklärt werden können oder wundern sich, wenn sie z. B. trotz schwerwiegender Wirbelsäulenbefunde sich weitgehend beschwerdefrei fühlen.

 

Psychotherapeuten erklären Beschwerden zunächst eher psychologisch, Akupunkteure wahrscheinlich als gestörten Energiefluss im Körper, Homöopathen suchen und erkennen in Patienten die zuvor erlernten und tradierten (oft auch psychosomatischen) Arzneimittelbilder, einige streng religiöse Menschen sehen in ihren Beschwerden vielleicht eine Prüfung oder Strafe Gottes, welche zu ertragen ist, etc.

Hinter Beschwerden und Krankheiten kann aber auch Sinn verborgen sein.

Persönliche Sinngebung und Sinnfindung

Die eigenen Wertvorstellungen werden ganz wesentlich durch das soziale Umfeld bzw. die jeweilige Kultur beeinflusst, welche offen oder subtil (z.B. über Werbung) unterstreichen, was im Leben wichtig und  unwichtig, sinnvoll oder sinnlos, gut oder schlecht ist.  

 

Bestimmte Methoden der Psychotherapie unterstreichen zwar ebenfalls – und zwar viel tiefgründiger - solche Aspekte (existenzanalytische Verfahren wie z. B. die Logotherapie nach V. Frankl), andererseits rühmt sich westliche Psychotherapie aber auch gerne, möglichst wertfrei zu  sein (möglichst tolerant der Subjektivität des Klienten zu begegnen). Das kann  für Klienten aber auch mit Orientierungslosigkeit, Unsicherheit und damit weiteren Befindlichkeitsstörungen verbunden sein.

  

Sich eigener und/oder gemeinsamer Ziele bewusst zu sein, Sinnfindung zu erfahren (etwa über private oder berufliche Beziehungen, eigene und/oder gemeinsame Erlebnisse mittels Natur, verschiedener Sinne, Kunst, Religion oder Meditation, über Freude an der Bewältigung persönlicher Aufgaben und Herausforderungen, etc.), aber auch fähig zu sein, seine persönlichen körperlichen,  psychischen und sozialen Grenzen zu akzeptieren, kann manchem Leid und gestörter Befindlichkeit vorbeugen.

  

Umgekehrt werden Befindlichkeitsstörungen durch überzogene Erwartungen an sich oder andere, chronische Unzufriedenheit, Maßlosigkeit, finanzielle Probleme oder Geldgier, anhaltende persönliche Enttäuschungen, Benachteiligungen, Anfeindungen, Armut oder Verwöhnung, Frustration etc. leicht zusätzlich genährt oder chronisch (siehe psychische Einflüsse).

 

Sinnkrisen in der westlichen Zivilisation

In der westlichen Zivilisation wird persönliche Zufriedenheit über Medien und Werbung eher boykottiert als gefördert. Das wäre ja auch nicht im Interesse des fortgesetzt gepredigten wirtschaftlichen Wachstums, welches am besten unter immer höheren persönlichen Ansprüchen an sich selbst, an den eigenen Körper und an seine Mitmenschen gewährleistet zu sein scheint. Nach kurzfristig über Konsumation befriedigten Bedürfnissen müssen laufend neue Bedürfnisse geweckt werden. Das fördert chronische Unzufriedenheit und damit eine erhöhte Grundspannung, ebenso wie der hoch gepriesene westliche Individualismus dazu beiträgt, dass positive Beziehungen seltener und erschwert werden.  

 

Glück vorwiegend durch Konsumation, Geld und Besitz (statt über verschiedene Formen von Kontakterlebnissen) ist ein Merkmal unserer kollektiven Neurose. Preiskämpfe gaukeln über irreführende Werbung den Bürgern immer billigere Waren vor, die sie aber immer ärmer, übergewichtiger und unzufriedener machen – nahezu ideale Bedingungen für Befindensstörungen und Depressionen,  besonders wenn die Schönheitsideale dann magersüchtig präsentiert werden. 

 

Individualismus, Beschleunigung und Wettbewerb reduzieren zusätzlich unsere Zeit für eigene oder gemeinsame positive Erlebnisse, statt dass solche über mehr Kooperation und dadurch gewonnene zusätzliche Freizeit gefördert würde. 

 

Ebenso torpedieren Beschleunigung und Wettbewerb jegliches achtsame Erleben von Gegenwart.

Dabei wäre achtsame Erlebnisfähigkeit eine ganz wesentliche Voraussetzung für Erlebnisreichtum und unmittelbarer Offenheit gegenüber Umwelt, den Mitmenschen, der eigenen Körperlichkeit, den eigenen inneren Signalen, der inneren Intuition.  

Möglicher persönlicher Sinn von Erkrankungen

Wozu brauchen, gebrauchen und missbrauchen wir manchmal (unbewusst) Krankheiten?

Müssen wir dazu wirklich erst krank werden?

  • KH als Warnung, KH als (statt) Motivation, auf die eigene Gesundheit zu achten
  • KH als (statt) Kommunikation, als Kontaktmittel? als Erlebnisersatz?
  • KH zur (statt) Entlastung? als (statt) Ruhepause?
  • KH, Befunde, Medizin als fremdfinanziertes Konsumgut?
  • KH als (statt) Freizeitgewinn?
  • KH als (statt) Recht? als Schande?, als Entschuldigung?, als Vorwurf? als Vorwand?
  • KH als (statt) Machtreduktion? erlebte Einengung? Gefahr? Bedrohng?
  • KH zur (statt) Selbstbeschränkung?
  • KH als (statt) Beschäftigung? KH als Ersatzbeschäftigung?
  • KH als (statt) Rollenbild? KH als (statt) verbleibender Lebensinhalt?
  • KH als (statt) Auseinandersetzung mit eigener Sterblichkeit, mit dem Tod?
  • KH als (statt) körperliche, psychische, gesellschaftliche, geistig - seelische Herausforderung?
  • andere Sinnmöglichkeiten?

So sinnvoll es sein mag, bei chronischen und therapieresistenten Beschwerden selbst nach einem verborgenen, möglicherweise tieferen Sinn seiner eigenen Krankheit zu suchen, so gefährlich sind ähnliche Überlegungen bezogen auf  Krankheiten von Mitmenschen, weil damit falschen Anschuldigungen und menschenverachtendem Zynismus Tür und Tor geöffnet werden könnten.

Rückbesinnung auf alte Wurzeln zur Bewältigung von Todesangst?

Wer jedoch seinen eigenen Körper achtsam bewusst positiv erleben lernt, kann  körperlich anmutenden Befindensstörungen auch als sinnvolle Warnungen verstehen lernen, welche emotionale, psychosoziale, verbale Unzulänglichkeiten oder sinnvolle körperliche Grenzen signalisieren (vgl. Link eigene Publikationen, psychosomatische Vorsorgemedizin).

 

Hinter körperlich anmutenden Befindensstörungen können durchaus auch existentielle Bedrohungsgefühle stehen. – etwa getarnt als hypochondrisch gefärbte Ängste bzw. als Ängste vor bestimmten Krankheiten, über die ja laufend und sehr ausführlich berichtet werden. So groß wie die Angst vor (dem eigenen?) Tod ist oft aber auch die Angst vor drohender Hilflosigkeit und Pflegebedürftigkeit- eine Horrorvorstellung in einem lieblosen Leistungs- und Wettbewerbsszenario.

 

Dabei bedeutet der Tod für leidende Menschen meist eine wirkliche Erlösung;   

                                                                        

Für unzufriedene Individualisten ist der Tod vielleicht mit der Angst verbunden, etwas oder vieles endgültig versäumt zu haben, und bietet eine Anregung, darüber nachzudenken, welche Prioritäten im eigenen Leben noch gesetzt werden könnten.    

Für Menschen, welche – polar denkend – neben ihrer individuellen Begrenzung auch das unbegrenzt Universale (Göttliche?) in sich zulassen, kann er als ein Übergang von einem Seinszustand in einen anderen erklärt und erlebt werden.

 

Polarität und menschliche Existenz - siehe nächste Abbildung

 

Literaturhinweise zu: persönliche Werte, Weltanschauung

  • Badelt F. Psychosomatische Vorsorgemedizin, Seelische Balance durch polares Denken und altchinesische Phasenwandlungslehre; 2008 Springer Wien – New York
  • Bertalanffy Ludwig von (1971: General System Theory (Foundations, Development, Applications) Allen Lane The Penguin Press, London, ISBN 0713901926
  • Felber Chr.:  Kooperation statt Konkurrenz , Deuticke im Paul Zsolnay Verlag, 2009
  • Fischer T (1992): Wu wei – die Lebenskunst des Tao, Rowohlt, Reinbeck (Neuausgabe 2005)
  • Fromm E.: Die Kunst der Liebe; dtv Taschenbuch
  • Gebser J (1974) Verfall und Teilhabe (über Polarität, Dualität, Identität und den Ursprung) Otto Müller Verlag, Salzburg
  • Kabat-Zinn J. Im Alltag Ruhe finden; Meditationen für ein gelassenes Leben, Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main; (4. Auflage 2009)
  • Kratky K, (2003) Komplementäre Medizinsysteme – Vergleich und Integration, Ibera Verlag/EUPWien
  • Lorenz K. Die acht Todsünden der zivilisierten Menschheit, 31. Aufl. 2003, Piper Taschenbuch, München-Zürich
  • Müller M., Halder A (Hrsg.) Kleines philosophisches Wörterbuch, 1980, Herderbücherei, Bd 398, 8. Aufl.
  • Pietschmann H. Das Ende des naturwissenschaftlichen Zeitalters, 1980, Paul Zsolnay Wien –Hamburg
  • Popp F.A. Biophotonen – Neue Horizonte in der Medizin, 3. Auflage, Haug Verlag, 2006
  • Schönborn C (2007) Ziel oder Zufall. Schöpfung und Evolution aus der Sicht eines vernünftigen Glaubens, Herder, Freiburg-Basel-Wien
  • Wallner F. Kubiena G. Jandl M. (2009) Culture and Knowledge Vol. 10, Understanding Traditional Chinese Medicine, Peter Lang Int. Verlag d. Wissenschaften