Altchinesische Gesundheitssysteme aus psychologischer Sicht

Polares Denken und Phasenwandlungslehre als Modelle für Salutogenese oder gesundheitliche Gefährdung

Zusammenfassung:


Umfassende psychosomatische Vorsorgemedizin sollte sich auch mit psychischen Stressfaktoren auseinandersetzen. Werden Gedanken, Handlungsweisen und Gefühle unseres täglichen Lebens

polar formuliert bzw. in Zweiergruppen gegenübergestellt (wie These – Antithese; aktiv – passiv; sich selbst– anderen gegenüber; positiv – negativ) und gemäß ihrer Verschiedenartigkeit in die Bereiche: Kontakterlebnisse, Sorgsamkeit,Ordnung und Verantwortung, begrenztes Selbstbewusstsein,
eigene Leistungsentfaltung geordnet, dann können diese Gruppen in altchinesische Beziehungsmuster (Taiji-Symbol und Phasenwandlungslehre bzw. Elementelehre, Wu-xing) wie in eine Formel eingesetzt werden.

Ausgewogen gelebtes oder erlebtes Miteinander möglichst vieler polarer Gruppen als stressarme Konstellationen lassen sich so von körperlich und psychosozial belastenden Zuständen wie Balancestörungen, Schwankungen zwischen Extremen, Konflikte oder Defizite beider Pole unterscheiden.

 

Erfassung bzw. Einsicht in einzelne Bereiche polarer Fehldynamik ermöglicht bei komplexen Störungen eine Therapie in kleinen Schritten, welche durch Akupunktur wirkungsvoll unterstützt werden kann.

Über das Phasenwandlungssystem kann unter Mitberücksichtigung von Einflüssen eigener Lustbesetzung und spezifischer Lebensraumbedingungen die Vernetzung der Verschiedenartigkeit beschrieben werden.

 

Die Bahnung von fünf unterschiedlichen psychosozialen „Elementen“ im Uhrzeigersinn kombiniert mit diagonaler Begrenzung stellt dabei ihre natürliche Dynamik dar.

Fehldynamik äußert sich als Phasenwandlung gegen den Uhrzeiger, als Unterdrückungs- und/oder Missachtungsphänomene dominierender Phasen zu gegenüberliegenden Phasen oder als diagonale Abkürzung, wobei auch Umwelt, kulturelle Einflüsse und einseitige persönliche Lustbesetzung wichtige Rollen spielen.

 

Altchinesische Muster – aus westlicher Sicht interpretiert – bieten Psychologen und Psychotherapeuten eine Metatheorie für Salutogenese an, mit Brücken zu Medizin und Pädagogik, und Offenheit gegenüber spirituellen Denkansätzen

Beispiele für normale Dynamik und Fehldynamik im Phasenwandlungssystem

 

 

  Normale Dynamik -

  Balance und Entwicklung fördernd

 

 

  Fehldynamik –

  Balance und Entwicklung gefährdend

 

  Phasenwandlung im Uhrzeigersinn


  z.B.: von A nach B : negative und positive 

  Kontakterlebnisse fördern Vorsicht (oder

  Vertrauen) bzw. Sorgsamkeit

 

 

  Phasenwandlung gegen den Uhrzeigersinn


  z.B. von B nach A: Kontakte aus Vorsicht, aus  

  blindem Vertrauen; Geld als Kontaktvoraussetzung

 

These einer Phase begrenzt These der übernächsten Phase (und fördert damit indirekt deren Antithese)


z.B.: Einfühlungsvermögen (A) begrenzt Ordnung oder Kritik (C) und fördert damit indirekt Großzügigkeit (C Antithese)

 

 

Unterdrückende Wirkung einer dominierenden Phase auf die übernächste Phase

 

z.B.: Blinde Liebe (oder Hass) – Phase A -  kann eigene Kritikfähigkeit (C) unterdrücken, kritiklos oder ungerecht machen

 

Passive Begrenzung einer Phase durch die jeweils vorletzte Phase

 

z.B.: Gemeinsamkeit, Kontakte, Erlebnisse (A) werden durch persönliche Grenzen und Ziele (D) natürlich begrenzt.

 

 

Missachtung (Umkehr der Begrenzung)

einer Phase durch die jeweils vorletzte Phase

 

z.B.: Entfesselte Phantasien, extrem enge Bindungen (A) können individuelle Erkenntnisfähigkeit und persönliche Grenzen (D) verletzen.

 

 

 

Gleichmäßige verteilte Lustbesetzung bzw.

Gleichmäßige Förderung einer Phase durch das persönliche Umfeld


z.B.: Lustgewinn sowohl über Erlebnisse, Kontakte (A), als auch Sexualität (EA), Besitz und Konsumation (B), Wertschätzung (C), Bildung Position und Kompetenz (D), eigene Arbeit, eigene Leistung (E)

 

 

Einseitige Lustbesetzung, einseitige Förderung (oder Hemmung) einer Phase durch das persönliche Umfeld


z.B.: ausschließlicher Lustgewinn über einen der Bereiche: Kontakte, Besitz oder Konsumation, Ehre, Wissen und Macht,  Arbeit, Sexualität, was durch das soziale Umfeld (incl. Werbung) mitunter zusätzlich gefördert werden kann

 

 

Beachtung der schrittweisen Abfolge von allen 5 Phasen im Uhrzeigersinn:

 

 

z.B. Kontakte fördern Sorgsamkeit – fördert Ordnung, Gewissen – fördert individuell begrenzte Macht und Kompetenz – fördert Entfaltung, persönliche Leistung-  fördert Kontakte, Erlebnisse (A) etc  -

 

Eine oder mehrere „Abkürzungen“ - Folgen:

Balance gefährdende Förderung zusätzlicher dominanter Phasen statt natürlicher Begrenzung,


z.B. von D nach A (unter Umgehung von E):

Überhöhte Kontakt- und Erlebnisansprüche (unter Vernachlässigung von Kontakt- oder Erlebnisse fördernde Handlungsweisen): z.B. eingeforderte Liebe, Erlebnisgier

 

 

 

 

 

Phasenwandlung – vorwiegend im Uhrzeigersinn

(siehe oben)

 

Phasenwandlung sowohl im als auch gegen den Uhrzeigersinn – Folgen:

1. Phasendefizite durch Energieverlust in zwei Richtungen- oder

2. Dominanz einer Phasen durch beidseitige Energiezufuhr


ad 1: emotionale Leere durch Fürsorge (B) und Überbeflissenheit, emotionale Handlungsweise (E).


ad 2.: Gewalttätigkeit doppelt genährt durch Machtansprüche (Phase D) und Hass (Phase A)


 

Literaturhinweise:

F. Badelt:

  • Psychosomatische Vorsorgemedizin, Seelische Balance über polares Denken und altchinesische Phasenwandlungslehre, Verlag Springer WienNewYork, 2008
  • Präventivpsychologie gemäß altchinesischen Mustern; promed komplementär, Band 2, Heft 3/2009, Verlag Springer WienNewYork
  • Altchinesische Gesundheitssysteme aus psychologischer Sicht; Deutsche Zeitschrift für Akupunktur, 54. Jahrgang, Heft 3/2011, Verlag Elsevier